E-Recruitingsysteme: der Anfang vom Ende traditioneller Recruitingsysteme?

E-Recruitingssysteme sind traditionellen Recruitingsystemen in Bezug auf Effizienz (z.B. Bearbeitungszeit, Durchlaufzeit, Monitoring, Automatisierte Prozesse) stark überlegen.“

Die Aussage das E-Recruitingsysteme traditionellen Rekrutierungssystemen in Bezug auf Effizienz überlegen sind, ist gewagt, jedoch vor dem Hintergrund der momentanen Entwicklung von Firmen in Zeiten des Web 2.0 näher zu untersuchen. Denn der Trend ist eindeutig: „…it is estimated that in the near future more than 95% of organizations plan to implement e-recruitment systems“ (Stone, 2005). E-Recruitingsysteme scheinen Zukunftsweisend zu sein, denn immer mehr Firmen verlassen sich auf sie um neue Bewerber zu finden die den Aufgaben des Unternehmens nicht nur gewachsen sind, sondern auch charakterlich für das Firmenumfeld geeignet sind.

Doch was ist E-Recruiting? Weise (2011) erklärt es wie folgt: „Das E-Recruiting stellt (…) eine Erweiterung der bisher bekannten Möglichkeiten der Personalbeschaffung dar, indem der gesamte Bewerbungsprozess (…) mittels eines onlinegestützten Systems digital über den PC abläuft. Die Neuerungen finden sich dabei nicht nur bei den Standardfunktionen wieder, die nun eine papierlose Abwicklung von Stellenpublikationen oder dem gesamten Bewerbermanagement ermöglichen, sondern kann nun darüber hinaus im Personalmarketing und zur Pflege von Beziehungen zu den Bewerbern (Talent Relationship Management) eingesetzt werden.“

Dies steht im erheblichen Kontrast zum traditionellen Recruiting das Firmen vor der Webrevolution benutzt haben um an ihre Kandidaten zu kommen. Traditionelles Recruiting umfasst alle Methoden durch die ein Unternehmen Bewerber für Stellen findet, die nicht Online- oder Computerbasiert sind. Dies umfasst laut Chowhadry (2016) folgende Rekrutierungsarten: Zeitungen (durch annoncierte Stellenanzeigen), Arbeitsämter (durch direkte Stellenbeschreibungen bei besagten Ämtern), Interne Ausschreibungen (innerhalb der rekrutierenden Firma) und durch Ausschreibungen bei Zeitarbeitsfirmen.

Aber ist E-Recruiting wirklich die bessere Alternative zu traditionellen Rekrutierungssystemen? Wenn man sich die globalen Trends anschaut scheint dies der Fall zu sein, denn immer mehr Firmen verlagern ihre Rekrutierungsstrategie Richtung E-Systemen und weg von den altbewährten Formen.  „In 2002 an iLogos survey found out that already 91% of Global 500 companies were using their corporate Websites for Recruiting. In 1999 there were only 60% of companies while in 1998 there were only 29% using their website for online recruiting“ (McManus/Ferguson, 2003). Dieser Trend geht auch weiter, wie wir durch das anfängliche Zitat von Stone gesehen haben.

Aber warum tendieren immer mehr Firmen zu einer onlinebasierten Rekrutierungsstrategie um die besten Kandidaten für das Unternehmen zu finden? Dies liegt an den erheblichen Vorteilen die E-Recruitmentsysteme mit sich bringen. Laut Weise (2011) gibt es nicht nur eine effizientere Gestaltung der Bewerbungsbearbeitung, aber auch verbessertes Matching in der Bewerberdatenbank, so wie eine Optimierung des Bewerbungsmanagements und des Recruiting Prozesses. Des Weiteren gibt es durch die Systeme Ressourceneinsparungen (in Bezug auf Mitarbeiter, Zeit und Geld), so wie einen transparenteren Bewerbungsprozess und eine qualifiziertere Vorauswahl der Bewerber für die Bewerberdatenbank. Das alles sind erhebliche Vorteile. Myrbugh (2012) wiederum hebt weitere Vorteile der Systeme passend hervor, so wie Kosteneffektivität, größere Bewerberpools aus denen man sich die richtige Person aussuchen kann, eine Verkürzung des Rekrutierungsprozesses, und direktere/klarere Kommunikation mit den Bewerbern ohne die sonst üblichen Mittelsmänner (wie Headhunting Firmen oder Arbeitsämter).

Jedoch bringen E-Rekrutierungssysteme nicht nur Vorteile mit sich. Weise (2011) hebt die Unpersönlichkeit des Prozesses hervor, so wie eine eventuelle mangelnde Datensicherheit und Anwendungsprobleme durch unausgereifte Software. Außerdem kann es schwer sein die Authentizität der Bewerbungsunterlagen/Resümees aus den teilweise riesigen Bewerberpools auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Die Vorteile der vorherig diskutierten E-Rekrutierungssysteme stehen ihren Nachteilen direkt gegenüber. Doch sind sie wirklich das effizientere Tool im Rekrutierungsprozess? Vieles spricht dafür. Diese Systeme führen nicht nur zu einer Automatisierung des Prozesses, sondern wie Weise beschrieben hat auch zu erheblichen Ressourceneinsparungen (Monetär, Zeitlich und Personell). Als solches führen sie unweigerlich zu einer Erhöhung der Effizienz im Unternehmen. Vor allem die Bearbeitungszeit wird durch ein standardisiertes & Computergestütztes System erheblich verkürzt, und das Monitoring der Bewerberpools wird durch Computerdatenbanken auch wesentlich erleichtert. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Durchlaufzeit/Bearbeitungszeit der Anträge aus. Außerdem setzten diese Systeme, durch ihre Automatisierungsprozesse Mitarbeiterkapazitäten frei, so dass sich Human Resource Mitarbeiter auf andere Ziele konzentrieren können die dem Unternehmen hilfreich sind. Als solches muss man feststellen das E-Rekrutierungssysteme traditionellen Rekrutierungsmaßnahmen gewissermaßen überlegen sind, was sich wiederum darin reflektiert das immer und immer mehr Unternehmen weltweit auf diese Systeme zurückgreifen.

Bei allen Automatisierungsavancen darf man jedoch eins nicht aus den Augen verlieren. E-Recruitingsysteme sind dafür da die richtige Person für die richtige Arbeit zu finden. Letztendlich geht es um Menschen, und als solches wird kein Computerbasiertes System je das persönliche Interview und die Menschenkenntnis des Rekrutierers ersetzten können. Eine effizientere Gestaltung des Prozesses ermöglicht durch E-Systeme? Ja. Eine komplette Revolution des Rekrutierungsprozesses ohne menschliche Intervention? Unmöglich.

Quellen:

Chowhadry, Tharak (2016). „Traditional and Non-Traditional Recruitment.“ Verfügbar unter:https://www.linkedin.com/pulse/traditional-non-recruitment-tharakeswar. (12.05.16)

McManus, M. A. / Ferguson, M. W. (2003), Biodata, Personality, and Demographic Differences of Recruits from Three Sources. International Journal of Selection and Assessment, 11: pg 175–183.

Myrburgh, Raymond (2012). „The 7 Benefits of E-Recruitment.“ Verfügbar unter: http://www.itweb.co.za/index.php?option=com_content&view=article&id=55099. (12.05.16)

Stone, R.J. 2005, Human resource management, 5th edition. John Wiley & Sons Ltd., Australia.

Weise, Daniela A. (2011). Rekrutierung der Net Generation. E-Recruiting mit Hilfe von Web 2.0 Tools. Hamburg: Diplomica Verlag.

Wuttke, Florian (2009). ‪E-Recruitment vs. Traditional Recruitment: A Descriptive Analysis. München: Grin Verlag.

7 Gedanken zu “E-Recruitingsysteme: der Anfang vom Ende traditioneller Recruitingsysteme?

  1. Liebe hotstuffriot-Team, vielen Dank für euren Überblick über die Vor- und Nachteile des E-Recruiting.
    Meiner Meinung nach sind die Effizienzvorteile des E-Recruiting durch die Automatisierungsmöglichkeiten natürlich umschlagbar. Aber ich frage mich auch, ob durch die geschaffenen Standardisierungen überhaupt noch die Möglichkeit besteht unter den Mitarbeiter eine Vielfalt zu erreichen. Denn durch die gesetzten Standards, die von dem Bewerber erfüllt werden müssen, fallen in der Vorselektion einige Kandidaten bereits aus dem Recruitingprozess hinaus, obwohl sie vielleicht durch andere Kompetenzen eine gute Ergänzung gewesen wären. Die Merkmale für die Vorselektierung sind im schlimmsten Fall veraltet und werden rein aus Gewohnheit schon seit mehreren Jahren für Standardausschreibungen verwendet. Dadurch geht den Unternehmen eventuelle einiges an Kreativität, Innovation und Vielfalt verloren. Daher wäre es meiner Meinung wichtig, als HR Abteilungen die Merkmale eines Bewerbers und die Anforderungen an den Bewerber ständig zu reflektieren und anzupassen. Ebenfalls wäre es ratsam als HR-Abteilung selbst kreativ zu werden bei der Auswahl von Anforderungen, um somit trotz der Standardisierung noch „frische Querdenker“ zu akquirieren.

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  2. Hallo liebes hotstuffriot-Team,
    wirklich ein guter Artikel über das E-Recruiting!
    Mit Sicherheit liegt ihr mit den genannten Vor-& Nachteilen sehr richtig und so ist es auch schwierig ein Fazit zu ziehen. Einen Aspekt möchte ich allerdings an dieser Stelle noch anbringen. An vorderster Stelle nennt ihr unter den Vorteilen für das E-Recruiting die Kosteneinsparung. Aber glaubt ihr nicht, dass die Implementierung eines Systems für die Personalbeschaffung nicht auch mit hohen Kosten verbunden ist? Ich denke zum Beispiel nicht, dass groß an Personalkosten gespart werden kann, da es ja auch wieder an Personal bedarf um das System zu pflegen, zu kontrollieren, usw. Zudem ist auch der Kauf einer geeigneten Software nicht gerade ein Schnäppchen! Es ist daher – besonders in kleineren Unternehmen – gut abzuwägen, ob E-Rekruiting so viele Kostenvorteile mit sich bringt. Dennoch bin ich der Meinung, dass E-Recruiting in größeren Unternehmen unabdingbar sind. Und wie ihr zum Schluss auch richtig sagt, wird es den Menschen nie ersetzen können – jedoch seine Arbeit erleichtern können!

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    • Danke für deinen Kommentar Kathrin!
      Einsparungen von Zeit und Ressourcen sind durch E-Recruitingsysteme meines Erachtens möglich. Ein postalisches Bewerbungsverfahren ist zeitaufwendig und benötigt sehr viele Mitarbeiter. Durch E-Recruiting können Online-Stellenanzeigen im Gegensatz zu traditionellen Printanzeigen weltweit in Umlauf gebracht werden. Des Weiteren sind die Anzeigen durchgehend zugänglich, was die potenzielle Anzahl an interessierten Bewerbern steigen lässt. Durch die elektronische Erfassung von relevanten Daten, lassen sich Bewerbungen mithilfe geeigneter Informationstechnologiesysteme schneller und effizienter bearbeiten. Die Personalkosten lassen sich somit in diesem Aufgabenbereich senken. Ein weiterer Kostenvorteil kann durch das Aufbauen eines Talentpools entstehen. Dort können Bewerber für eine gewisse Zeit registriert sein und somit auch in Zukunft für relevante Stellen zur Auswahl gezogen werden. Es entlastet das Unternehmen hinsichtlich neuer Stellenausschreibungen was zu einer weiteren Zeitersparnis führt. Dennoch möchte ich abschließend anmerken, dass E-Recruiting trotz seiner Möglichkeiten hinsichtlich Kosten-und Zeiteinsparung für das Unternehmen, eine sehr unpersönliche Art der Personalgewinnung ist.

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    • Liebe Kathi,
      ich finde interessant, dass du auf die Größe des Unternehmens anspielst. Ich stimme dir zu, dass E-Recruiting vor allem für große Unternehmen interessant ist. Dies liegt natürlich auch daran, dass ein hohes Bewerberaufkommen wesentlich schwieriger zu bewältigen ist und eine bessere Organisation verlangt als wenige Bewerber. Dennoch würde ich davon ausgehen, dass die Implementierung und Neuanschaffung bei Unternehmen vorab mit den Kosteneinsparungen verglichen wird, so dass sich die Ausgabe amortisieren wird. Aber wie du schon richtig sagt, wird sich das vor allem bei Großunternehmen der Fall sein!

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  3. Ihr habt die wichtigsten Vor- und Nachteile ausgewogen dargestellt. Die Einführung von Bewerbungen über das Internet hat die Zahl der Bewerbungen sicher vervielfacht und macht damit ein elektronisches Recruitingsystem unabdingbar.
    Was die Problematik der Vielfalt angeht,liebe Katrin Claus, so denke ich nicht, dass dies ausschließlich ein Problem von elektronischen Systemen ist. Sicher gehen bei der automatischen Vorselektion Bewerber mit neuen, interessanten Fähigkeiten oder exotischen Ausbildungen eher verloren. Jedoch, wie Dr. Mitterer in seinem Vortrag betonte, werden alle Bewerbungen, vor allem die Lebensläufe, noch von einem Menschen betrachtet. Deshalb ist das Problem der Vielfalt eher ein Einstellungsproblem bei den Entscheidungsträgern, die durch festgefahrene Denkmuster Kandidaten mit abweichenden Profilen aussortieren. Diese wählen dann auch immer wieder dieselben Kriterien für die Selektierung aus.

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  4. Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen – ein guter Beitrag, der die positiven und negativen Punkte gut herausarbeitet.
    Bezüglich des Arguments der Einsparung von Kosten, Arbeit etc. durch E-Recruiting möchte ich noch anmerken, dass im Endeffekt die Einstellung des richtigen Kandidaten ebenfalls einen großen Effizienzfaktor darstellen kann. Das heißt, dass die Auswahl des geeigneten Arbeitnehmers höchste Priorität haben sollte: Damit könne Folgekosten, Unzufriedenheit usw. im Folgenden vermieden werden. Somit sollte keinesfalls am Recruiting gespart werden.
    Wichtig finde ich auch eine Unterscheidung zwischen großen und kleineren Unternehmen, bzw. nach der Position, die besetzt werden soll. Auf der Suche nach lokalen oder regionalen Arbeitnehmern, bzw. in handwerklichen oder Lehrberufen spielen subjektive Beurteilungen der Bewerber oft noch eine große Rolle. Besetzt werden hier eher Suchende, die dem Unternehmen vielleicht schon durch Familie etc. bekannt sind oder weiterempfohlen wurden. Die „sichtbare“ Arbeit ist in diesen Fällen besser beurteilbar als ein schlichter Lebenslauf. Hier ist der Mensch als Auswählender unersetzlich.

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  5. Ich kann mich auch nur anschließen bezüglich der Effizienz von E-Recruitingsystemen. Auch wenn die Implementierung eines solchen Systems oft mit hohen Kosten verbunden ist, schafft es kein Mensch in so schneller Zeit eine effiziente Vorauswahl der Bewerber zu treffen. Natürlich ist anschließend der Einsatz von Mitarbeitern nötig, um den Bewerber im Vorstellungsgespräch nach Persönlichkeit usw. zu beurteilen. Jedoch kann in der Vorselektion mithilfe von E-Recruitingsystemen enorm viel Zeit und somit Geld eingespart werden. Auch die unnötigen Papierberge, die bei traditionellen Bewerbungsprozessen entstehen, gehören der Vergangenheit an.
    Andererseits, um auch noch einmal auf die Diversität zurückzukommen: gerade die Altersdiversität wird meiner Meinung nach enorm eingeschränkt, wenn ein Unternehmen ausschließlich auf E-Rekrutierung setzt. Entweder werden ältere Bewerber sofort ausselektiert oder ihnen fehlen die notwendigen Skills, um sich auf diesem Wege zu bewerben. Doch gerade Mitarbeiter, die auf eine langjährige Berufserfahrung zurückblicken können, sind unabdingbar für ein Unternehmen. Denn sie verfügen über das nötige Fachwissen, von dem auch jüngere Generationen innerhalb einer Organisation profitieren können.

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